Gesetzentwurf zu internationalen Arbeitsschutz-Standards

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zu dem Übereinkommen Nr. 155 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 22. Juni 1981 über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt sowie zu dem Protokoll von 2002 zum Übereinkommen über den Arbeitsschutz, 1981 vorgelegt (BT-Drs. 20/13951).

Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 28.11.2024

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/13951) zu dem Übereinkommen Nr. 155 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 22. Juni 1981 über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt sowie zu dem Protokoll von 2002 zum Übereinkommen über den Arbeitsschutz, 1981 vorgelegt. Durch das Vertragsgesetz sollen die Voraussetzungen für die Ratifizierung des Übereinkommens und des Protokolls geschaffen werden. Änderungen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften sind nicht nötig.

Ziel des Übereinkommens Nr. 155 ist es, durch Arbeitsschutzmaßnahmen Unfälle und Gesundheitsschäden zu vermeiden und Gefahrenursachen in der Arbeitsumwelt zu reduzieren. Neben allgemeinen Vorgaben sieht das Übereinkommen konkrete Maßnahmen auf nationaler und auf betrieblicher Ebene vor. Die Maßnahmen gelten für alle Wirtschaftszweige und sind präventiv ausgerichtet. Das Protokoll von 2002 hat das Ziel, die im Übereinkommen festgelegten Verfahren für die Aufzeichnung und Meldung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu stärken.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 820/2024

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Erfolglose Verfassungsbeschwerden von Betreibern von Erneuerbare Energien-Anlagen gegen die Abschöpfung der im Zuge des Ukraine-Krieges entstandenen „Überschusserlöse“

Im Streit um die Abschöpfung von Überschusserlösen im Zuge der Strompreisbremse blieben Verfassungsbeschwerden von betroffenen Ökostromerzeugern beim BVerfG ohne Erfolg. In der Ausnahmesituation habe die Umverteilung der erzielten Überschusserlöse einen angemessenen Ausgleich zwischen den
begünstigten Stromerzeugern und den belasteten Stromverbrauchern hergestellt (Az. 1 BvR 460/23 1 BvR 611/23).

BVerfG, Pressemitteilung vom 28.11.2024 zum Urteil 1 BvR 460/23, 1 BvR 611/23 vom 28.11.2024

Mit heute verkündetem Urteil hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass der Eingriff in die nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Berufsfreiheit durch die Umverteilung der „Überschusserlöse“ von bestimmten Stromerzeugern zugunsten der privaten und gewerblichen Stromverbraucher als Reaktion auf eine nach Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 entstandene Ausnahmesituation auf dem Strommarkt gerechtfertigt ist.

Der enorme Anstieg des Strompreises infolge der kriegsbedingten Verknappung von Gas hat insbesondere bei den Betreibern von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu außerordentlichen, die typischen Investitionserwartungen weit übersteigenden Erlösen geführt; gleichzeitig wurden Stromverbraucher außergewöhnlich stark belastet. In dieser Ausnahmesituation stellt die Umverteilung der erzielten sog. Überschusserlöse einen angemessenen Ausgleich zwischen den begünstigten Stromerzeugern und den belasteten Stromverbrauchern her.

Sachverhalt

Im Jahre 2022 stieg insbesondere der Erdgaspreis als Folge der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Gasverknappung enorm an. Dadurch kam es aufgrund des für den Strommarkt maßgeblichen Preisbildungsmechanismus zu einem massiven Anstieg der Strompreise. Bei diesem Mechanismus richten sich die Preise auf dem europäischen Strommarkt nach den Referenzpreisen, die auf dem sog. Day-Ahead-Markt im Rahmen einer börslichen Auktion für den Folgetag gebildet werden. Bei diesen Auktionen werden die Zuschläge nicht in der Reihenfolge der günstigsten Gebote erteilt, sondern in der Reihenfolge der ansteigenden, von den Betreibern angegebenen und insbesondere von den Brennstoffkosten abhängigen Grenzkosten ihrer Stromerzeugungsanlagen. Dabei bestimmen die höchsten Grenzkosten der zuletzt zur Deckung des Strombedarfs eingesetzten Anlagen den für alle Anbieter maßgeblichen Einheitspreis. Da zur Deckung des Strombedarfs nicht selten auch die teuren Gaskraftwerke eingesetzt werden mussten, führten deren kriegsbedingt enorm angestiegene Brennstoffkosten zu einem massiven Anstieg des einheitlichen Strompreises. Dieser Anstieg des einheitlichen Strompreises führte bei den Betreibern von Stromerzeugungsanlagen mit geringen Brennstoffkosten, zu denen insbesondere die Erneuerbare-Energien-Anlagen gehören, zu außerordentlich hohen Gewinnen.

Auf Seiten der Verbraucher lösten die massiv gestiegenen Strompreise einen unerwarteten Kostenschock für Unternehmen und private Haushalte aus. Die Unsicherheiten über eine bezahlbare Energieversorgung der Unternehmen und privaten Haushalte wurde als außergewöhnliche Notsituation eingestuft. Private und gewerbliche Stromverbraucher wurden dazu aufgerufen, jede mögliche Anstrengung zur Einsparung von Strom zu nutzen.

Vor diesem Hintergrund erging eine Notfallverordnung der Europäischen Union, die den Mitgliedstaaten eine Abschöpfung der über eine festgelegte Obergrenze hinausgehenden Erlöse und deren gezielte Verwendung zur Entlastung der Stromverbraucher von den hohen Stromkosten vorgab. Die außerordentlich hohen Erlöse aus dem Verkauf von Strom sollten angesichts der Belastung der Verbraucher durch die extrem hohen Preise nach Maßgabe der vor dem Ukraine-Krieg bestehenden Investitionserwartungen begrenzt werden. Deutschland hat diese Vorgabe mit dem Strompreisbremsegesetz umgesetzt. Dieses legt unterschiedliche Erlösobergrenzen fest, die sich an den Kostenstrukturen der verschiedenen Stromerzeugungsarten orientieren. Soweit die fiktiv am Markt erzielbaren oder die tatsächlich aufgrund von Verträgen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom diese Obergrenzen überschreiten, werden sie abgeschöpft und sollen im Wege eines privatwirtschaftlichen Wälzungsmechanismus über die Netzbetreiber, die Übertragungsnetzbetreiber und die Elektrizitätsversorgungsunternehmen letztlich den Stromverbrauchern zugutekommen.

Die insgesamt 22 Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer betreiben Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Solarenergie, aus Windenergie oder aus fester Biomasse. Sie wenden sich unmittelbar gegen die gesetzlich vorgeschriebene Abschöpfung ihrer über die festgelegten Obergrenzen hinausgehenden „Überschusserlöse“ sowie gegen die mit administrativen Lasten einhergehenden Pflichten zur Mitwirkung bei dieser Abschöpfung (§§ 13, 14, 15, 16, 17, 18, 29 Strompreisbremsegesetz). Dieser Eingriff in ihre Berufsfreiheit sei nicht gerechtfertigt. Die Erlösabschöpfung sei als Sonderabgabe zur Finanzierung der Verbraucherentlastung zu beurteilen, die die für solche Abgaben geltenden finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen nicht erfülle. Ihre Stromerzeugungsanlagen hätten im Unterschied zu den Gaskraftwerken nicht zu den hohen Strompreisen beigetragen, sondern im Gegenteil preisdämpfend gewirkt. Auch sonst komme ihnen keine besondere Verantwortung für die Entlastung der Stromverbraucher zu. Hierbei handele es sich um eine Maßnahme, die im allgemeinen sozial- und konjunkturpolitischen Interesse liege und daher allein aus Steuermitteln zu finanzieren sei.

Wesentliche Erwägungen des Senats

Die nur teilweise zulässigen Verfassungsbeschwerden sind unbegründet.

I. Die angegriffenen Regelungen sind am Maßstab des Grundgesetzes zu prüfen. Sie sind durch die Notfallverordnung der Europäischen Union nicht vollständig unionsrechtlich vorgegeben, sondern bewegen sich innerhalb des durch die Verordnung eröffneten Umsetzungsspielraums.

II. Allerdings greift die Abschöpfung der Überschusserlöse in die nach Art. 12 Abs. 1 GG als Ausprägung der Berufsfreiheit geschützte Unternehmensfreiheit ein. Das gilt auch für die mit erheblichen administrativen Lasten einhergehenden Mitwirkungspflichten der betroffenen Anlagenbetreiber. Diese Eingriffe sind jedoch sowohl formell als auch materiell verfassungsgemäß.

1. Die Erlösabschöpfung ist durch die Sachgesetzgebungskompetenz des Bundes für das Energiewirtschaftsrecht gedeckt. Einer Steuergesetzgebungskompetenz bedarf es nicht.

Bei der Maßnahme handelt es sich mangels Aufkommenswirkung zugunsten des Bundes weder um eine Steuer noch um eine nichtsteuerliche Abgabe.

Die von den betroffenen Anlagenbetreibern zu leistenden Abschöpfungsbeträge verschaffen dem Bund keine Einnahmen. Die Abschöpfungsbeträge werden vielmehr auf der Grundlage privater Rechtsbeziehungen von den Betreibern von Stromerzeugungsanlagen über die Netzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und die Elektrizitätsversorgungsunternehmen bis zu den Stromverbrauchern „gewälzt“. Regelungsgegenstand ist also eine Umverteilung unter Privaten, die darin besteht, dass den Stromerzeugern ein Teil ihrer Erlöse aus dem Verkauf von Strom entzogen und letztlich auf die Stromverbraucher übertragen wird. Dem Bund kommt nur die Rolle einer darlehensähnlichen Vorfinanzierung der im Rahmen des Wälzungsmechanismus von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen gegenüber den Verbrauchern zu erbringenden Entlastung zu.

Die Erlösabschöpfung begründet daher eine Zahlungspflicht zwischen Privaten ohne Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand und muss mangels Konkurrenz zur Steuer keinen besonderen finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Der Bund kann sich hierfür auf seine Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Energiewirtschaft berufen.

2. Die Maßnahme ist auch materiell verfassungsgemäß. Sie verfolgt ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel und ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen.

a) Die Abschöpfung der über die festgelegten Obergrenzen hinausgehenden Erlöse dient dem Ziel, einen Ausgleich zwischen den durch die kriegsbedingten Verwerfungen auf dem Energiemarkt außerordentlich begünstigten Betreibern von Stromerzeugungsanlagen und den wegen desselben Ereignisses außerordentlich belasteten Stromverbrauchern dadurch herzustellen, dass die über die Investitionserwartungen vor dem Ukraine-Krieg hinausgehenden Erlöse zur Entlastung der Verbraucher verwendet werden. Dieses Ziel ist legitim.

b) Die Erlösabschöpfung ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich. Insbesondere stellt die Verwendung von Haushaltsmitteln anstelle einer Erlösabschöpfung kein milderes Mittel dar, weil dadurch nur die Kostenlast auf die Allgemeinheit verschoben würde und das Ziel eines Interessenausgleichs zwischen Anlagenbetreibern und Stromverbrauchern nur durch eine Abschöpfung der Überschusserlöse der Betreiber erreicht werden kann. Auch eine Umstellung der Strompreisbildung auf ein Verfahren, bei dem der Zuschlag nach den günstigsten Geboten und nicht zu einem Einheitspreis erteilt wird, ist keine die betroffenen Stromerzeuger weniger belastende, aber gleich wirksame Alternative zur Zielerreichung. Das Einheitspreisverfahren sichert die günstigsten Strompreise, weil stets nur die Anlagen mit den geringsten Grenzkosten zur Deckung des aktuellen Strombedarfs zum Einsatz kommen. Daher hätte dem massiven Anstieg des Strompreises im Zuge des Ukraine-Krieges auch durch ein Gebotspreisverfahren nicht besser begegnet werden können.

c) Die mit der Erlösabschöpfung verbundene Beeinträchtigung der Berufsfreiheit ist angemessen.

aa) Zwar kann eine Umverteilung unter Privaten, mit der außerhalb der betroffenen Privatrechtsverhältnisse liegende Gemeinwohlaufgaben verfolgt werden, den zahlungspflichtigen Privaten jedenfalls dann nicht zugemutet werden, wenn sie in keinem spezifischen Näheverhältnis zu solchen Aufgaben stehen. Hier geht es jedoch um die Herstellung eines Ausgleichs zwischen den durch den massiven Anstieg der Strompreise außergewöhnlich begünstigten Stromerzeugern und den dadurch ebenfalls außergewöhnlich belasteten Stromverbraucherinnen und -verbrauchern. Dieses auf einen Interessenausgleich unter Privaten bezogene Ziel kann nicht durch die Verwendung von Haushaltsmitteln erreicht werden.

bb) Auch sonst genügt die Maßnahme insgesamt dem Gebot der Angemessenheit.

(1) Die Abschöpfung der Überschusserlöse greift mit erheblichem Gewicht in die Berufsfreiheit der betroffenen Stromerzeuger ein. Dies folgt vor allem aus dem Umstand, dass auf Erlöse zugegriffen wird, die das Ergebnis einer freien wettbewerblichen Preisbildung sind. Zudem kann gerade den von der Abschöpfung betroffenen Stromerzeugern der massive Anstieg der Strompreise nicht zugerechnet werden. Hinzu kommen die auch mit finanziellem Aufwand verbundenen Erschwernisse der beruflichen Tätigkeit durch umfangreiche Mitwirkungspflichten bei der Selbstveranlagung der Überschusserlöse. Deutlich eingriffsmindernd wirken hingegen die kurze Befristung der Erlösabschöpfung auf die Zeit nach dem 30. November 2022 und vor dem 1. Juli 2023 sowie der Umstand, dass auf einen wesentlichen Teil der seit Beginn des Ukraine-Krieges angefallenen außergewöhnlichen Erlöse nicht zugegriffen wird.

Dem bezweckten Ausgleich zwischen den krisenbedingten Begünstigungen und den krisenbedingten Belastungen kommt schon angesichts der außergewöhnlichen Dimension dieses Ungleichgewichts ebenfalls erhebliches Gewicht zu.

(2) Die Umverteilung zwischen Unternehmen und Verbrauchern in einem Markt mit freier wettbewerblicher Preisbildung, die Angebot und Nachfrage in ein Gleichgewicht bringt, ist mit Blick auf die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit rechtfertigungsbedürftig. Allein der Umstand, dass bei einer wettbewerblichen Preisbildung in Knappheitssituationen besonders hohe Gewinne oder Erlöse anfallen, kann deren Abschöpfung zugunsten der Verbraucher nicht rechtfertigen.

Hier war die Abschöpfung von aus dem Stromverkauf erzielten Überschusserlösen zugunsten der Stromverbraucher jedenfalls angesichts der Spezifika der Ausnahmesituation, der die Strompreisbremse begegnen sollte, angemessen. Strom ist ein zur Deckung existenzieller Bedarfe unverzichtbares Gebrauchsgut. Die hohen Preise haben bei den Stromverbrauchern in erheblichem Umfang unvermeidbare außergewöhnliche Belastungen ausgelöst und die Erlöse der in Anspruch genommenen Stromerzeuger haben die typischen Investitionserwartungen weit überstiegen, ohne dass diese Erlöse auf Dauer preisdämpfende Investitionsanreize setzen konnten.

(3) Der danach gegebenen Rechtfertigung steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Mitwirkungspflichten der von der Abschöpfung betroffenen Stromerzeuger, aber auch der Netzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und Elektrizitätsversorgungsunternehmen bei der Wälzung der Abschöpfungsbeträge zu den Verbrauchern einen hohen administrativen Aufwand auslösen. Zwar sind hier die verschiedenen administrativen Lasten in ihrer Größenordnung gemessen an den nach Angaben der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung tatsächlich erzielten Abschöpfungsbeträgen erheblich. Der Gesetzgeber ist aber zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Verabschiedung des Strompreisbremsegesetzes von deutlich höheren Abschöpfungsbeträgen ausgegangen und dabei im Rahmen des ihm zustehenden Prognose- und Beurteilungsspielraums geblieben.

Quelle: Bundesverfassungsgericht

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BFH: Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen

Der BFH hat sich mit der Frage der steuerlichen Behandlung einer erhaltenen Zahlung für die Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen beschäftigt (Az. IX R 5/24).

BFH, Urteil IX R 5/24 vom 20.09.2024

Leitsatz

  1. Ob das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Anteilen dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen ist, ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht und daher wegen § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend.
  2. Ist der Vorbehaltsnießbraucher nicht wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile, ist die Ablösung des Nießbrauchs ein für ihn nicht steuerbarer Vorgang.

Quelle: Bundesfinanzhof

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BFH: Keine Schätzungsbefugnis bei pauschaler Verbuchung der Entnahme von Non-Food-Artikeln durch Einzelhändler in den Jahren 2015 bis 2017

Der BFH nimmt Stellung zu der Frage, ob zusätzlich zu den Pauschbeträgen für unentgeltliche Wertabgaben für Nahrungsmittel und Getränke, welche in den für die Streitjahre jeweils gültigen amtlichen Richtsatzsammlungen für Sachentnahmen bzw. unentgeltliche Wertabgaben betreffend den Gewerbezweig Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) vorgesehen sind, weitere Hinzuschätzungen für Entnahmen von Nicht-Lebensmitteln, sog. Non-Food-Artikel, vorgenommen werden dürfen (Az. III R 28/22).

BFH, Urteil III R 28/22 vom 16.09.2024

Leitsatz

  1. Eine Hinzuschätzung wegen Verstoßes gegen Aufzeichnungspflichten kommt nicht in Betracht, soweit der Steuerpflichtige darauf vertrauen durfte, dass er von einer ihm durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eingeräumten Aufzeichnungserleichterung Gebrauch gemacht hat.
  2. Für die Auslegung von an bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen adressierte Regelungen des BMF über Aufzeichnungserleichterungen ist der objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der objektivierte Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte, maßgebend; im Zweifel ist das die Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen.

Quelle: Bundesfinanzhof

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BFH zur Vermittlungsleistung bei Ausgabe von Gutscheinen nach der bis 2018 geltenden Rechtslage

Der BFH hat zur Besteuerung des Vertriebs von sog. Erlebnisgutscheinen für Leistungen fremder Dritter entschieden (Az. V R 21/23).

BFH, Urteil V R 21/23 vom 05.09.2024

Leitsatz

  1. Die Vermittlung einer Leistung, für die ein „Erlebnisgutschein“ ausgestellt wird, setzt voraus, dass der Vermittler entweder den Veranstalter über das Vorliegen eines Vermittlungserfolgs informiert und ihm gegenüber so eine Gelegenheit zur Leistungserbringung nachweist oder aber zumindest dem Gutscheinerwerber die Kontaktdaten des Veranstalters mitteilt, damit dieser die ihm dann nachgewiesene Gelegenheit zur Inanspruchnahme der durch den Gutschein verbrieften Leistung nutzen kann.
  2. Fehlt es hieran, ist keine Anzahlungsbesteuerung vorzunehmen und führt der Verfall von Gutscheinen nicht zu einer Steuerberichtigung.
  3. Der Verfall von Gutscheinen schränkt den Vorsteuerabzug des Vermittlers von Gutscheinen nicht ein.

Quelle: Bundesfinanzhof

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BFH zur Besteuerung von Leistungen einer Schweizer Familienstiftung

Der BFH hatte zu entscheiden, ob Zuwendungen von Geld- und Sachleistungen einer ausländischen Familienstiftung zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gehören (Az. VIII R 25/21).

BFH, Urteil VIII R 25/21 vom 01.10.2024

Leitsatz

  1. Die wirtschaftliche Vergleichbarkeit einer Stiftungsleistung mit einer Gewinnausschüttung erfordert, dass die Stellung des Leistungsempfängers wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspricht. Die Leistung muss sich außerdem als Verteilung des erwirtschafteten Überschusses darstellen (Bestätigung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 28.02.2018 – VIII R 30/15, BFHE 261, 47).
  2. Die Stellung des Empfängers einer Stiftungsleistung entspricht wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners, wenn er in seiner Person die Voraussetzungen erfüllt, die die Stiftungssatzung für einen Leistungsbezug aufstellt, er also zum Kreis der begünstigungsfähigen Personen gehört, und eine Gegenleistung nicht zu erbringen ist.
  3. Die Einräumung von Vermögens- oder Organisationsrechten durch die Stiftungssatzung, die die Rechtsstellung des Destinatärs darüber hinaus an die rechtliche Stellung eines Anteilseigners einer Kapitalgesellschaft annähern, ist nicht erforderlich.

Quelle: Bundesfinanzhof

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BFH: Bemessung der Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen

Der BFH nimmt Stellung zu der Frage, ob eine gemischte Schenkung i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzunehmen ist, wenn Angehörige einen mündlichen Darlehensvertrag mit einem Zinssatz in Höhe von 1 % im Jahre 2012 bzw. 2014 vereinbart haben (Az. II R 20/22).

BFH, Urteil II R 20/22 vom 31.07.2024

Leitsatz

  1. Die Gewährung eines nicht marktüblich verzinsten Darlehens ist als gemischte Schenkung zu versteuern.
  2. Bei der Bemessung des Zinsvorteils kann der in § 15 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes festgelegte Zinssatz von 5,5 % nicht herangezogen werden, wenn ein niedrigerer marktüblicher Wert für vergleichbare Darlehen feststeht.

Quelle: Bundesfinanzhof

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BFH: Keine Steuerbegünstigung für extremistische Körperschaften

Eine „Förderung der Allgemeinheit“ zur Erlangung der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO ist bereits dann zu verneinen, wenn eine Körperschaft Bestrebungen verfolgt, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten. Es kommt dann zwingend zum Verlust der Gemeinnützigkeit, ohne dass andere Leistungen der Körperschaft für das Gemeinwohl hiermit abzuwägen sind. So der BFH (Az. V R 15/22).

BFH, Pressemitteilung Nr. 46/24 vom 28.11.2024 zum Urteil V R 15/22 vom 05.09.2024

Eine „Förderung der Allgemeinheit“ zur Erlangung der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) ist bereits dann zu verneinen, wenn eine Körperschaft Bestrebungen verfolgt, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten. Es kommt dann zwingend zum Verlust der Gemeinnützigkeit, ohne dass andere Leistungen der Körperschaft für das Gemeinwohl hiermit abzuwägen sind. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil V R 15/22 vom 05.09.2024 entschieden und damit seine ständige Rechtsprechung bestätigt.

Der Kläger, ein Verein, war in Verfassungsschutzberichten erwähnt; ab 2009 wurde er auch im Anhang eines Verfassungsschutzberichtes genannt, der extremistische Organisationen aufführte. Das Finanzamt (FA) versagte dem Kläger wegen seiner Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten die Steuerbegünstigung bei der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer.

Der BFH hob das der Klage stattgebende Urteil des Finanzgericht (FG) auf und verwies die Sache an das FG zurück. Der BFH hat dabei seine – durch den Gesetzgeber später in § 51 Abs. 3 Satz 1 AO umgesetzte – ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach eine Steuerbefreiung ausgeschlossen ist, wenn die Körperschaft Bestrebungen fördert, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gerichtet sind.

In die Prüfung, ob eine Körperschaft derartige Bestrebungen fördert, darf danach nicht einbezogen werden, dass die Körperschaft auch Tätigkeiten ausübt, die dem Gemeinwohl dienen. Eine Abwägung zwischen diesen verschiedenen Tätigkeiten ist nicht vorzunehmen, da die Förderung verfassungswidriger Bestrebungen keine Förderung der Allgemeinheit ist. Das FG, das eine derartige Abwägung jedoch vorgenommen hatte, hat nunmehr neu zu entscheiden und die Anhaltspunkte, die für die Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen, unter Berücksichtigung der Ziele und Methoden einer Körperschaft sowie etwaiger organisatorischer, personeller, strategischer und ideologischer Verbindungen zu anderen Gruppierungen, die verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern, zu würdigen. Dabei hat das FG seiner Entscheidung zugrunde zu legen, dass der Kläger in den Streitjahren ab 2009 als extremistisch in Verfassungsschutzberichten aufgeführt ist und der Kläger daher nach der ab diesen Streitjahren zu beachtenden Vermutungsregel des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO zu widerlegen hat, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen fördert.

Quelle: Bundesfinanzhof

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BFH: Haftung für überhöht bescheinigte Einlagenrückgewähr

Der BFH hatte bzgl. der Haftung für Kapitalertragsteuer zu klären, ob die rückwirkende Änderung von § 27 Abs. 5 KStG durch das SEStEG verfassungsgemäß ist und ob für einen Nachforderungsbescheid zur Kapitalertragsteuer die Regelung des § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG herangezogen werden kann (Az. VIII R 35/20).

BFH, Urteil VIII R 35/20 vom 01.10.2024

Leitsatz

  1. Ob der Betrag der Einlagenrückgewähr in der Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) überhöht ausgewiesen ist (§ 27 Abs. 5 Satz 4 KStG), richtet sich nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG (Einlagenrückgewähr) und dem gesondert festgestellten Bestand des steuerlichen Einlagekontos auf den Schluss des vorangegangenen Jahres; der Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf den Schluss des Jahres der Leistung entfaltet insoweit keine Bindungswirkung.
  2. Nach § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG haftet der Aussteller der Bescheinigung verschuldensunabhängig für die auf den überhöhten Ausweis der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer.
  3. Die auf den überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer ist durch Haftungsbescheid geltend zu machen (§ 27 Abs. 5 Satz 4 KStG), wobei nur der Erlass eines Haftungsbescheids dem Gesetz entspricht.
  4. Ein Haftungsbescheid ist (als solcher) nur dann hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 der Abgabenordnung), wenn die Überschrift und der verfügende Teil (Tenor) des Bescheids erkennen lassen, dass der Inhaltsadressat als Haftender für fremde Schuld einstehen soll (Bestätigung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 11.10.1989 – I R 139/85, BFH/NV 1991, 497).

Quelle: Bundesfinanzhof

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BFH: Gemeinnützigkeit und Verfassungsschutzbericht

Die Versagung der Gemeinnützigkeit wegen der Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen (§ 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes) aufgrund einer sich aus einem Verfassungsschutzbericht ergebenden Vermutungswirkung setzt voraus, dass die Körperschaft als selbstständiges Steuersubjekt in diesem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird. Dies entschied der BFH (Az. V R 36/21).

BFH, Pressemitteilung Nr. 45/24 vom 28.11.2024 zum Urteil V R 36/21 vom 05.09.2024

Die Versagung der Gemeinnützigkeit wegen der Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen (§ 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes) aufgrund einer sich aus einem Verfassungsschutzbericht ergebenden Vermutungswirkung setzt voraus, dass die Körperschaft als selbstständiges Steuersubjekt in diesem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil V R 36/21 vom 05.09.2024 entschieden.

Der Kläger, ein Verein, war eine selbstständige Landesorganisation, deren Bezeichnung teilweise wortgleich in dem Namen der ebenfalls selbstständigen Bundesorganisation enthalten war. Der Name der Bundesorganisation enthielt zudem eine Abkürzung. Die Verfassungsschutzberichte eines Landes enthielten Ausführungen zu beiden Organisationen. Der jeweilige Anhang einiger dieser Verfassungsschutzberichte, der extremistische Organisationen aufführte, führte nur den wortgleichen Namensteil und die Abkürzung auf. Das Finanzamt (FA) versagte dem Kläger die Körperschaftsteuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften, da er nach Auffassung des FA in Verfassungsschutzberichten als extremistisch aufgeführt war und die dann nach § 51 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) geltende Vermutung, er fördere Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, nicht widerlegt habe.

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz, die die Auffassung des FA bestätigte, aufgehoben. Zwar greift die widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO bereits dann ein, wenn eine Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch aufgeführt ist, wofür die Erwähnung in einem Anhang des Verfassungsschutzberichtes, der extremistische Organisationen aufführt, genügt. Indes muss die jeweilige Körperschaft eindeutig identifizierbar sein. Hierfür reicht es nicht aus, wenn aus den Verfassungsschutzberichten nicht klar hervorgeht, welche Körperschaft als selbstständiges Steuersubjekt gemeint ist. Eine „Konzernbetrachtung“ findet im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nicht statt. Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen, da das FG die Tatsachen, ob eine bestimmte Körperschaft als selbstständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt ist, selbst zu prüfen und zu würdigen hat und dies im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann.

Quelle: Bundesfinanzhof

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