Kein Schadensersatzanspruch einer Wirecard-Aktionärin gegen die BaFin

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Wirecard-Aktionärin keinen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe (Az. I-18 U 108/24).

OLG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 27.08.2025 zum Urteil I-18 U 108/24 vom 27.08.2025 (nrkr)

Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat heute (27.08.2025) unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Thönnissen entschieden, dass eine Wirecard-Aktionärin (Klägerin) keinen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin, Beklagte) habe.

Die Klägerin erwarb im Jahr 2016 100 Aktien und im Jahr 2019 40 weitere Aktien der Wirecard AG (Wirecard). Nachdem die Insolvenz von Wirecard bekannt wurde, veräußerte die Klägerin am 19.08.2020 ihre Aktien mit hohem Wertverlust. Mit ihrer beim Landgericht Krefeld erhobenen Klage fordert sie für die im Jahr 2019 zugekauften Aktien von der BaFin Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzungen. Sie hat geltend gemacht, die BaFin habe durch den fehlerhaften Erlass eines Leerverkaufsverbots sowie durch eine Strafanzeige gegen Redakteure der Financial Times bei ihr den Eindruck erweckt, die Vorwürfe gegen Wirecard aus Artikeln der Financial Times stünden im Zusammenhang mit einer Short-Selling-Attacke und seien nicht glaubhaft. Unter diesem Eindruck habe sie die weiteren 40 Akten 2019 zugekauft und auch in der Folgezeit der negativen Berichterstattung keine wesentliche Beachtung mehr geschenkt.

Das Landgericht Krefeld hat mit Urteil vom 17.07.2024, Az. 2 O 29/24, die Klage abgewiesen.

Mit seiner heute verkündeten Entscheidung hat der 18. Zivilsenat das Urteil des Landgerichts Krefeld bestätigt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung führt der Senat aus, das Landgericht habe zu Recht das Vorliegen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung verneint. Es fehle darüber hinaus an der Kausalität und dem Zurechnungszusammenhang zwischen der behaupteten Amtspflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden.

So sei die Anordnung eines Leerverkaufsverbots (Art. 20 VO (EU) Nr. 236/2012, Leerverkaufs-VO) wegen einer möglichen bevorstehenden Short-Selling-Attacke aus der maßgeblichen ex-ante-Perspektive vertretbar gewesen. Bei der Wirecard AG handelte es sich um ein Unternehmen im DAX 30 mit hoher Marktkapitalisierung, dessen Kurs erheblich (40 %) eingebrochen gewesen sei und das zu den größten und liquidesten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes gehörte. Nachdem die Wirecard AG bereits in den Jahren 2008 und 2016 unstreitig das Ziel von Short-Selling-Attacken gewesen sei, sei es vertretbar gewesen anzunehmen, dass wegen der mehrfachen negativen Berichtserstattung und dem starken Anstieg von Netto-Leerverkaufspositionen im Anschluss an die Berichterstattung der Financial Times eine weitere Short-Attacke gegen die Wirecard AG bevorgestanden habe. Eine Amtspflichtverletzung liege auch nicht darin, dass die BaFin Strafanzeige gegen Journalisten der Financial Times erstattet habe, da sie hierzu bei Vorliegen eines entsprechenden Verdachts verpflichtet gewesen sei.

Schließlich seien die behaupteten Pflichtverletzungen auch nicht kausal für den Schadenseintritt gewesen. Der Vortrag der Klägerin, dass bei einem Unterlassen der streitgegenständlichen Maßnahmen eine Abwärtsspirale des Kurses der Aktie ausgelöst worden wäre und die Banken die Wirecard AG bereits im Frühjahr 2019 nicht weiter finanziert hätten, sei ausschließlich spekulativ. Auch fehle es am Zurechnungszusammenhang. Hierfür sei entscheidend, dass das Leerverkaufsverbot lediglich eine Beruhigungsfunktion habe und die BaFin dadurch genauso wenig wie mit der Strafanzeige gegen Journalisten eine Aussage über die Validität der Vorwürfe gegen Wirecard getroffen habe.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, die Klägerin kann jedoch innerhalb eines Monats ab Zustellung des Urteils Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.

Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf

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Streit nach Verkauf eines Pferds: Käuferin hat Anspruch auf ein als Sportpferd geeignetes Tier

Auch die Verkäuferin eines Pferdes kann – wie bei einer Sache – wirksam ausschließen, für „Mängel“, also Krankheiten oder körperliche Gebrechen des Tieres einzustehen. Ein solcher Haftungsausschluss hat aber Grenzen, wie das LG Frankenthal in einem aktuellen Urteil festgestellt hat (Az. 7 O 257/22).

LG Frankenthal, Pressemitteilung vom 27.08.2025 zum Urteil 7 O 257/22 vom 01.08.2025 (nrkr)

Auch die Verkäuferin eines Pferdes kann – wie bei einer Sache – wirksam ausschließen, für „Mängel“, also Krankheiten oder körperliche Gebrechen des Tieres einzustehen. Ein solcher Haftungsausschluss hat aber Grenzen, wie die 7. Zivilkammer des Landgerichts in einem aktuellen Urteil festgestellt hat. Kommt beim Verkauf klar zum Ausdruck, dass ein Sportpferd gesucht wird, so darf sich die Käuferin darauf verlassen, dass das Tier dafür auch tatsächlich geeignet ist. Das gilt auch dann, wenn die Haftung ansonsten schriftlich ausgeschlossen ist. Die Klage einer Hobbyreiterin, die das gekaufte Pferd zurückgeben und ihr Geld zurückhaben wollte, hatte deshalb Erfolg.

Die Hobbyreiterin stieß im Internet auf die Annonce des Pferdes, kontaktierte die Verkäuferin telefonisch und erwarb es nach einem Proberitt für 13.800 Euro. Im schriftlichen Kaufvertrag wurde die „Gewährleistung“, also die Haftung für Mängel, ausgeschlossen. Laut Vertrag sind außerdem Vereinbarungen zur Verwendbarkeit des Pferdes für einen bestimmten Zweck nicht getroffen worden. Kurze Zeit nach dem Verkauf stellte ein Tierarzt fest, dass das Pferd lahmt (sich anormal bewegt). Die Hobbyreiterin machte vor Gericht geltend, dass das Pferd massive pathologische Befunde im Bereich des Kniegelenks und der Kniescheibe aufweise, was einer sportlichen Verwendung entgegenstehe. Die Verkäuferin trat dem entgegen und bestritt, dass das Pferd beim Verkauf bereits gelahmt habe.

Die Kammer ist nach umfangreicher Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, im Verkaufsgespräch sei klar zum Ausdruck gekommen, dass ein Pferd für den Reitsport gesucht werde. Dies sei bei der Vertragsauslegung zu berücksichtigen, weshalb die Verkäuferin trotz der gegenteiligen Ausführungen im Kaufvertrag ein solches Sportpferd auch geschuldet habe. Als Sportpferd eigne sich das Pferd aber nicht, was ein Sachverständiger mit Blick auf Fremdkörper im Kniegelenk des Tieres klar bestätigt habe. Diese verursachten dort einen konstanten Reiz, weshalb es zukünftig immer wieder zu Problemen komme. Auf den Gewährleistungsausschluss könne sich die Verkäuferin nicht mit Erfolg berufen, da der Anspruch, ein Sportpferd zu bekommen, für die Käuferin sonst wertlos wäre.

Die Verkäuferin muss nun das Pferd zurücknehmen und den Kaufpreis zurückzahlen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, es kann Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht eingelegt werden.

Quelle: Landgericht Frankenthal (Pfalz)

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Förderung energetischer Maßnahmen an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden – Einzelfragen zu § 35c EStG

Das BMF-Schreiben vom 14. Januar 2021 zur Anwendung von § 35c EStG und der Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c EStG (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung – ESanMV) wird ersetzt und neu gefasst (Az. IV C 1 – S 2296-c/00004/018/050).

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S 2296-c/00004/018/050 vom 21.08.2025

Neufassung des BMF-Schreibens vom 14. Januar 2021

Mit der Steuerermäßigung des § 35c Einkommensteuergesetz werden energetische Maßnahmen an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gefördert. Zu den Anwendungsfragen hat das Bundesministerium der Finanzen in Abstimmung mit den Ländern im Januar 2021 ein BMF-Schreiben veröffentlicht, das zum 21. August 2025 in einer überarbeiteten Fassung vorliegt. Es beantwortet den Bearbeitenden in den Finanzämtern und den Bürgerinnen und Bürgern eine Vielzahl rechtlicher Fragen zur Anwendung und Geltendmachung des § 35c Einkommensteuergesetz. Wie in der Vorfassung ist eine Anlage enthalten, die typische vorbereitende Arbeiten und Umfeldmaßnahmen aufführt. Diese können von der Steuerermäßigung des § 35c Einkommensteuergesetz umfasst sein, soweit sie im Zusammenhang mit einer den technischen Mindestanforderungen der ESanMV genügenden energetischen Maßnahme stehen.

Nach Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 14. Januar 2021 (BStBl I S. 103) zur Anwendung von § 35c EStG und der Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c des Einkommensteuergesetzes (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung – ESanMV) ersetzt und neu gefasst.

Das neugefasste BMF-Schreiben tritt neben das BMF-Schreiben vom 23. Dezember 2024 zu dem mit der Steuererklärung einzureichenden Bescheinigung über die durchgeführten Maßnahmen, der sog. Musterbescheinigung.

Das BMF-Schreiben wird im BStBl Teil I veröffentlicht.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

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Am Bau oder in der Kühlkammer: Künstliche Intelligenz ist längst Realität

Vier von zehn Unternehmen nutzen schon heute künstliche Intelligenz. Doch die Implementierung von KI in betriebliche Prozesse ist oft komplex und unterliegt umfangreichen sowie unübersichtlichen rechtlichen Vorgaben. So umfasst allein der europäische AI Act 140 Seiten. Und für seine Umsetzung in Deutschland fehlt lt. DIHK bislang eine verantwortliche Behörde, die eine praktikable und einheitliche Auslegung gewährleisten könnte.

DIHK, Mitteilung vom 25.08.2025

Sie optimiert den Vertrieb, organisiert Abläufe im mittelständischen Hotelbetrieb, prüft selbstständig mögliche Materialkombinationen in der Bau- und Chemiebranche: Künstliche Intelligenz (KI) ist keine Zukunftsvision mehr, sondern in vielen Betrieben gelebte Praxis.

Laut der DIHK-Digitalisierungsumfrage 2025 nutzen heute schon 38 Prozent der Unternehmen KI, weitere 32 Prozent planen den Einsatz innerhalb der nächsten drei Jahre. Die Potenziale der Querschnittstechnologie sind erheblich, und KI entwickelt sich zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor.

Künstliche Intelligenz im Unternehmensalltag

Wie sieht der betriebliche Einsatz von KI konkret aus? Beispiele reichen von der automatischen Bewertung und Priorisierung von Kundenanfragen bis hin zur automatisierten Suche nach neuen Materialkombinationen, um etwa Lieferketten zu diversifizieren oder auf Preisschwankungen zu reagieren. Die Anwendungsfelder in Unternehmen sind vielfältig.

Einen Überblick vermittelt die DIHK-Webinarreihe „breAIkfast“: Dort zeigen Unternehmen anhand konkreter Use-Cases, in welchen Bereichen KI bereits eingesetzt wird und wo weitere Potenziale bestehen. Forscher und IT-Dienstleister bringen ihre Perspektive ebenso ein wie Praktiker – vom Hotelier bis zum Vertriebler. Ziel ist es, zu sensibilisieren und Impulse für den unternehmerischen Alltag zu geben. Eine Sammlung von Praxisbeispielen findet sich auf der DIHK-Website.

Gute Rahmenbedingungen fördern KI-Anwendungen

Die Implementierung von KI in Produktions- oder Prozessabläufe ist komplex – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), denen dafür häufig das Know-how und die erforderlichen Ressourcen fehlen. Hinzu kommt die Notwendigkeit, umfangreiche rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen: Der AI Act umfasst in seiner deutschen Fassung über 140 Seiten, dazu kommen weitere Gesetze wie die europäische Datenschutzgrundverordnung DSGVO oder der Data Act. Dies bedeutet gerade für KMU zusätzlichen bürokratischen Aufwand und bindet erhebliche Kapazitäten.

Die Komplexität und teilweise unklare Auslegung der Bestimmungen führen zu Rechtsunsicherheiten. Laut der DIHK-Digitalisierungsumfrage 2025 sieht fast jedes dritte Unternehmen darin eine große Hürde für die Digitalisierung der eigenen Prozesse.

Umso wichtiger ist es, zeitnah eine verantwortliche Behörde für die Umsetzung des AI Act in Deutschland zu benennen, die eine praktikable und einheitliche Auslegung gewährleistet. Für KMU sind zudem Reallabore wichtig, in denen sie neue Anwendungen sicher und unkompliziert ausprobieren können. Hier sollte vor allem auf unbürokratische Zugänge für die Breite der Wirtschaft geachtet werden.

Quelle: Deutsche Industrie- und Handelskammer

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Muster der Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung

Das BMF hat die Vordruckmuster zur Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung neu veröffentlicht (Az. III C 3 – S 7352-a/00004/003/061).

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S 7352-a/00004/003/061 vom 25.08.2025

I. Allgemeines

1 Aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122, 3138) sind Bund und Länder verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Mit Artikel 16 des Jahressteuergesetzes 2022 vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294, 2309) wurde im § 18 Absatz 5a UStG die Möglichkeit geschaffen, die Steuererklärung über den innergemeinschaftlichen Erwerb eines neuen Fahrzeugs elektronisch an die Finanzbehörden zu übermitteln.

2 Im Zusammenhang mit erforderlichen Anpassungen in den bisherigen Vordrucken wurde eine neue Anleitung zur Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung konzipiert.

II. Regelungen

3 Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

4 Für die Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5a UStG) werden die folgenden Vordruckmuster neu bekanntgegeben, bzw. neu eingeführt:

  • USt 1 B Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung
  • Anlage USt 1B zur Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung USt 1 B
  • Anleitung USt 1 B Anleitung zur Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung

5 Der Vordruck USt 1 B ist beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge (§ 1b UStG) insbesondere zu verwenden von

  • Privatpersonen,
  • nichtunternehmerisch tätigen Personenvereinigungen,
  • Unternehmern, die das Fahrzeug für ihren nichtunternehmerischen Bereich erwerben.

6 Für jedes erworbene neue Fahrzeug ist jeweils eine Umsatzsteuererklärung abzugeben.

7 Der Vordruck USt 1 B ist nicht zu verwenden in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge durch Unternehmer, die das Fahrzeug für ihren unternehmerischen Bereich erwerben, oder durch juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die das Fahrzeug nicht für ihr Unternehmen erwerben (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Diese Unternehmer oder juristischen Personen haben den innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge in der Umsatzsteuer-Voranmeldung (Vordruckmuster USt 1 A) und in der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr (Vordruckmuster USt 2 A) anzumelden.

8 Hinsichtlich des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge durch ausländische Missionen, berufskonsularische Vertretungen und deren Mitglieder ist seit dem 1. Januar 2022 das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuständig. In diesen Fällen ist die Umsatzsteuerklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung beim BZSt abzugeben. Dafür stellt das BZSt eigene Formulare zur Verfügung.

9 Wird die Steuerbefreiung des innergemeinschaftlichen Erwerbs eines neuen Kraftfahrzeuges nach § 4b Nummer 3 UStG beantragt, sind hierzu Angaben in dem Vordruckmuster Anlage USt 1 B – zur Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung USt 1 B – zu machen. Die Anlage USt 1 B ist mit der mit Dienststempel versehenen Erklärung des Leiters der internationalen Organisation oder seines Stellvertreters abzugeben. Aus dieser Erklärung muss sich ergeben, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung tatsächlich vorliegen. Dabei ist im Fall einer zahlenmäßigen Beschränkung insbesondere auch die Einhaltung des bestehenden Kontingents zu bestätigen.

10 Die Vordrucke sind auf der Grundlage des unveränderten Vordruckmusters herzustellen.

11 Die Umsatzsteuererklärung ist grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle authentifiziert zu übermitteln (§ 18 Absatz 5a Satz 1 UStG i. V. m. §87a Absatz 6 Satz 1 AO). Informationen hierzu sind unter der Internet-Adresse www.elster.de erhältlich.

Anwendungsregelung

12 Dieses Schreiben tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 26. Januar 2022 – III C 3 – S 7352-a/20/10002 :002 (2022/0075235) – (BStBl I, S. 166).

Schlussbestimmung

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

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Entwurf eines Gesetzes zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz – StoFöG)

Das BMF hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz) veröffentlicht.

BMF, Mitteilung vom 22.08.2025

Der Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode sieht zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums eine Investitionsoffensive und gezielte Strukturreformen vor, insbesondere durch steuerliche Impulse für private Investitionen und Bürokratiekostenabbau (Stärkung privater Investitionstätigkeit als Wachstumshebel). Dazu sollen die Rahmenbedingungen für private Investitionen verbessert und der Finanzplatz Deutschland insgesamt gestärkt werden.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es daher, in Umsetzung des Koalitionsvertrags private Investitionen insbesondere in Infrastruktur und erneuerbare Energien sowie in kleinere Unternehmen und Start-ups (Venture Capital) zu fördern. Der Gesetzentwurf ist Teil des Sofortprogramms, auf das sich die Bundesregierung am 28. Mai 2025 verständigt hat.

Schwerpunkt des Gesetzes bilden Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen von Unternehmen und für einen wettbewerbsfähigeren Finanzstandort. Dies sind insbesondere:

  • Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten für kleine Unternehmen und Start-ups,
  • Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur,
  • Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie im Finanzmarktbereich, ohne das Verbraucherschutzniveau abzusenken, insbesondere Verschlankung aufsichtlicher Prozesse bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), sowie
  • standortfreundliche Implementierung von kapitalmarktrechtlichen EU-Rechtsakten (insbesondere Listing Act, ESAP, MIFIR Review).

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

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Apple Watch darf nicht als „CO2 neutrales Produkt“ beworben werden

Das LG Frankfurt hat entschieden, dass Apple die Werbung „Die Apple Watch ist unser erstes CO2 neutrales Produkt.“ zu unterlassen hat. Sie sei irreführend und verstoße gegen das Wettbewerbsrecht (Az. 3-06 O 8/24).

LG Frankfurt, Pressemitteilung vom 26.08.2025 zum Urteil 3-06 O 8/24 vom 26.08.2025 (nrkr)

Der Apple-Konzern hat sein Produkt Apple Watch im Internet unter anderem wie folgt angeboten: „Die Apple Watch ist unser erstes CO2 neutrales Produkt.“ Gegen diese Werbung hat die Deutsche Umwelthilfe e.V. vor dem Landgericht Frankfurt am Main geklagt.

Die für Wettbewerbssachen zuständige 6. Kammer für Handelssachen hat heute entschieden, dass Apple diese Art der Werbung zu unterlassen hat. Sie sei irreführend und verstoße gegen das Wettbewerbsrecht (§ 5 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG).

Ob eine Werbung irreführend sei, hänge davon ab, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufe, also hier Verbrauchern als potenziellen Käufern der Apple Watch. Die Vorsitzende der Kammer erklärte in ihrer Urteilsbegründung: „Die Verbrauchersicht ist geprägt durch das allgemein bekannte, von der Europäischen Union unterzeichnete Pariser Übereinkommen von 2015. Danach dürfen zur Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden, als der Atmosphäre durch ein Senken des Kohlenstoffdioxids – etwa mit Wäldern – entzogen werden.“ Verbraucher würden daher davon ausgehen, dass bei der beworbenen Apple Watch eine CO2-Kompensation bis etwa in das Jahr 2050 gesichert sei.

Apple hatte sich darauf berufen, zum CO2-Ausgleich ein Waldprojekt in Paraguay zu betreiben. Es handele sich um Eukalyptus-Plantagen auf angepachteten Grundstücken. In ihrem heutigen Urteil erkannte die Kammer jedoch, dass diese Pachtverträge in Bezug auf 75 % der Projektfläche nur bis 2029 bestünden. Eine CO2-Kompensation sei daher lediglich bis zum Jahr 2029 gewährleistet. Apple habe nicht nachweisen können, dass sämtliche Pachtverträge verlängert würden. Eine gesicherte Perspektive für die Fortsetzung des Waldprojekts bestehe nicht.

Apple hatte weiter erklärt, die Unwägbarkeit der Pachtverlängerungen mit einem sog. Verra-Pufferkonto nach VCS-Standards abgesichert zu haben. Dazu stellte die Kammer fest, im Fall der Nichtverlängerung der Pachtverträge ermöglichten die VCS-Standards Apple unter anderem bloß die weitere Überwachung des Waldprojekts. „Die Möglichkeit, den entfernten Teil des Projektgebiets für die verbleibende Laufzeit lediglich zu überwachen und erst im Fall des Verlusts den Mechanismus des Pufferkontos eingreifen zu lassen, stellt keine dem Fortbestand des Waldprojekts über das Jahr 2029 hinaus gleich geeignete Maßnahme zur Kompensation von CO2 dar.“

Keinen Erfolg hatte die Klage, soweit beanstandet worden war, das Logo „Carbon Neutral“ werde als Gütesiegel missverstanden. Die Gestaltung des Logos besitze nicht die Anmutung eines Gütesiegels. Das Logo werde von Verbrauchern nur als Erkennungszeichen dafür verstanden, ob das betreffende Produkt nach den Maßstäben von Apple als CO2-neutral eingeordnet werde. Der mit einem offiziellen Gütesiegel vermittelte Eindruck einer Gewähr für eine bestimmte Güte und Brauchbarkeit der Ware werde damit nicht geschaffen.

Das Urteil (Az. 3-06 O 8/24) ist nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden.

Quelle: Landgericht Frankfurt am Main

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Auszubildende verdienten im April 2024 im Schnitt 1.238 Euro brutto

Bei der Entscheidung für eine Ausbildung spielen neben den persönlichen Fähigkeiten und künftigen Karriereperspektiven auch die Verdienstmöglichkeiten im Lehrberuf eine Rolle. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, verdienten Auszubildende in Deutschland im Erhebungsmonat April 2024 über alle Ausbildungsjahre hinweg im Durchschnitt 1.238 Euro brutto im Monat (ohne Sonderzahlungen).

Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 26.08.2025

Bei der Entscheidung für eine Ausbildung spielen neben den persönlichen Fähigkeiten und künftigen Karriereperspektiven auch die Verdienstmöglichkeiten im Lehrberuf eine Rolle. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, verdienten Auszubildende in Deutschland im Erhebungsmonat April 2024 über alle Ausbildungsjahre hinweg im Durchschnitt 1.238 Euro brutto im Monat (ohne Sonderzahlungen). Bei Frauen lag der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst in der Ausbildung mit 1.302 Euro etwas höher als bei Männern (1.187 Euro).

Auszubildende in Gesundheits- und Pflegeberufen mit überdurchschnittlichem Verdienst

Wie viel Auszubildende verdienen, hängt auch vom Beruf ab, den sie erlernen. Überdurchschnittlich verdienten im Jahr 2024 Auszubildende in Gesundheits- und Pflegeberufen. Ihr Monatsverdienst lag im Schnitt bei 1.310 Euro brutto. Ausbildungen in Schifffahrtberufen, wie etwa zur Schiffbauerin und zum Schiffbauer, wurden mit 1.236 Euro brutto im Monat ebenfalls hoch vergütet. Im Handwerk verdienten Auszubildende im Durchschnitt 1.008 Euro brutto im Monat. Die geringste Vergütung erhielten Auszubildende in Künstlerberufen: Auszubildende in Bereichen wie beispielsweise Musik, Fotografie oder Grafikdesign hatten einen monatlichen Bruttoverdienst von durchschnittlich 914 Euro.

Ausbildungsvergütung fällt in kleineren Unternehmen geringer aus

Der Verdienst von Auszubildenden steigt zudem mit der Größe des Ausbildungsunternehmens: Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten zahlten ihren Auszubildenden 2024 ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von 929 Euro. Auszubildende in Unternehmen mit 50 bis 99 Beschäftigten verdienten 1.083 Euro brutto im Monat. In Unternehmen mit 1.000 oder mehr Beschäftigten erhielten Auszubildende im Schnitt 1.494 Euro brutto im Monat.

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)

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Ehemaliger Bankvorstand haftet für risikoreiche Geschäfte

Das LG München I hat ein ehemaliges Vorstandsmitglied einer Bank zur Herausgabe/Zahlung von 1 Mio. Euro an den Kläger verurteilt (Az. 43 O 18215/19). Zudem habe er sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Bank aufgrund eines risikobehafteten Steuermodells im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen, durchgeführten Aktiengeschäften entstanden sind.

LG München I, Pressemitteilung vom 07.08.2025 zum Urteil 43 O 18215/19 vom 10.07.2025 (nrkr)

Die 43. Zivilkammer des Landgerichts München I hat am 10.07.2025 ein ehemaliges Vorstandsmitglied einer in München ansässigen Bank zur Herausgabe/Zahlung von 1 Mio. Euro an den Kläger (hier: Insolvenzverwalter) verurteilt (Az. 43 O 18215/19). Außerdem hat das Gericht festgestellt, dass der Beklagte sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die der Bank aufgrund eines risikobehafteten Steuermodells im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen, durchgeführten Aktiengeschäften entstanden sind. Über das Vermögen der Bank wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Bank hatte als Depotbank im Zeitraum zwischen April 2016 und Februar 2017 Dividenden und Dividendenkompensationsleistungen ohne Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an eine gemeinnützige Gesellschaft ausgezahlt. Die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag hätten sich auf ca. 37,2 Mio. Euro belaufen. Die gemeinnützige Gesellschaft hatte (fremdfinanziert) über ihr bei der Bank geführtes Depot Aktien im Gesamtwert von ca. 3,8 Mrd. Euro erworben und jeweils für nur wenige Tage über den Dividendenstichtag gehalten. Insgesamt überwies die Bank ca. 141 Mio. Euro Dividenden und Dividendenkompensationsleistungen an die gemeinnützige Gesellschaft.

Das Finanzamt nahm die Bank deswegen in Haftung. Das daraufhin eingeleitete finanzgerichtliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Nach Erlass des Haftungsbescheides im März 2018 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Bank eröffnet worden.

Der klagende Insolvenzverwalter hatte geltend gemacht, die beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder der Bank hätten sich über Bedenken der hauseigenen Compliance-Abteilung hinweggesetzt, das risikobehaftete Steuermodell durchgeführt und dadurch dem Vermögen der Bank geschadet. Der Beklagte habe dafür, dass er das Geschäft ermöglicht habe, über diverse ausländische Firmen eine Zahlung von 1 Mio. Euro erhalten, die die gemeinnützige Gesellschaft geleistet habe. Auch diese Zahlung müsse er an den Kläger herausgeben.

Das beklagte ehemalige Vorstandsmitglied ist der Auffassung, die Bank sei nicht verpflichtet gewesen, die auf die Dividenden entfallende Kapitalertragsteuer einzubehalten. Eine Entscheidung des Bundefinanzhofs in einem ähnlich gelagerten Fall zeige indiziell, dass ihm ein Vorwurf nicht gemacht werden könne.

Über steuerrechtliche Fragen hat das Landgericht München I nicht entschieden. Das Gericht hat sich jedoch mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Vorstand durch die Beteiligung der Bank an dem streitgegenständlichen Geschäftsmodell seine Sorgfaltspflichten aus dem Aktiengesetz verletzt habe und dies bejaht. Das Gericht hat daher einen Schadenersatzanspruch der Bank gegen den eigenen Vorstand festgestellt. Zwar gebe es keine Pflicht des Vorstands, niemals existenzgefährdende Risiken einzugehen. In dem zu entscheidenden Fall sei die Insolvenz der Bank jedoch aus objektiver Sicht zu wahrscheinlich gewesen, als dass der Vorstand dieses Risiko hätte eingehen dürfen. Auch für den Fall einer im Nachhinein günstigen Entscheidung des Bundesfinanzhofs sei bereits zum Zeitpunkt der Vornahme der Geschäfte absehbar gewesen, dass ein Haftungsbescheid des Finanzamts die Insolvenz der Bank herbeiführen würde. Auf das Ergebnis eines Rechtsgutachtens hätte sich der Vorstand insoweit nicht verlassen dürfen, da auch darin Restrisiken erkennbar waren. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Banken verpflichtet seien, bei bestehender Ungewissheit über die Rechtslage sicherheitshalber den Steuerabzug vorzunehmen.

Darüber hinaus sei der Beklagte auch verpflichtet, die im Zusammenhang mit den Geschäften erhaltene Zahlung von 1 Mio. Euro an die Bank herauszugeben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zum Hintergrund

1. Das hier zu Grunde liegende Steuermodell ist aus sog. „cum/cum“-Geschäften entwickelt worden. Es sieht vor, dass eine gemeinnützige Gesellschaft Aktien über den Dividendenstichtag erwirbt. In diesem Fall, so die zugrunde liegende Annahme, darf die Depot führende Bank als auszahlende Stelle die Dividende ohne Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auszahlen. Um ein Steuermodell handelt es sich deshalb, weil die gemeinnützige Gesellschaft die Aktien jeweils nur für wenige Tage über den Dividendenstichtag erwirbt und danach sofort wieder veräußert. Während der Haltedauer sichert sie sich zudem gegen Kursrisiken durch Gegengeschäfte ab.

2. Das Finanzamt München und das Finanzgericht München sind der Auffassung, dass die Bank die auf die dividendenbezogenen Zahlungen entfallende Kapitalertragsteuer samt Solidaritätszuschlag im Umfang von etwa 37,2 Mio. Euro hätte abführen müssen und für die Verletzung dieser Pflicht hafte. Insbesondere sei für die Bank klar erkennbar gewesen, dass die gemeinnützige Gesellschaft die Aktientransaktionen nicht im Rahmen ihres Satzungszwecks durchgeführt und damit gemeinnützigkeitsschädlich gehandelt habe.

3. Das Hauptsacheverfahren gegen den Haftungsbescheid ist noch nicht abgeschlossen. Es steht daher weiterhin nicht fest, ob die Bank endgültig für die Beträge haften muss. Im Zuge eines Parallelverfahrens betreffend die Vorauszahlung von Körperschaftsteuer hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 04.03.2020 einer Beschwerde der dort involvierten gemeinnützigen Gesellschaft stattgegeben.

Quelle: Landgericht München I

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Bahnticket – nur digital: Zwingende Angabe der E-Mail-Adresse oder Handynummer für den Bahnfahrkartenerwerb rechtswidrig

Der Erwerb einer Bahnfahrkarte darf nicht die Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer voraussetzen. Diese Datenverarbeitung ist für die Vertragserfüllung nicht erforderlich. Das OLG Frankfurt verurteilte die Deutsche Bahn Fernverkehr AG, es zu unterlassen, den Erwerb von „Spar“- und „Super-Sparpreistickets“ von der Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer abhängig zu machen (Az. 6 UKl 14/24).

OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 11.07.2025 zum Urteil 6 UKl 14/24 vom 10.07.2025

Der Erwerb einer Bahnfahrkarte darf nicht die Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer voraussetzen. Diese Datenverarbeitung ist für die Vertragserfüllung nicht erforderlich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) verurteilte mit heute verkündeter Entscheidung die Deutsche Bahn Fernverkehr AG, es zu unterlassen, den Erwerb von „Spar“- und „Super-Sparpreistickets“ von der Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer abhängig zu machen.

Die Beklagte bietet Eisenbahndienstleistungen an. Ihre Bahntickets können über das Internet, die Bahn-App, am Schalter, über Fahrkartenautomaten oder telefonisch über den Reiseservice gekauft werden. Der Vertrieb von „Spar-“ bzw. „Super-Sparpreistickets erfolgte bis zum Fahrplanwechsel 15.12.2024 nur digital. Verbraucher mussten – auch beim Kauf am Schalter – ihre E-Mail oder eine Handynummer angeben, um das digitale Ticket bzw. die Auftragsnummer zu empfangen. Am Automaten konnten diese Tickets nicht erworben werden. Der Kläger nimmt Verbraucherinteressen wahr. Mit seiner erstinstanzlich vor dem OLG geführten Klage verlangt er, dass die Beklagte es unterlässt, E-Mail-Adressen und/oder Handynummer von Verbrauchern zu verarbeiten, ohne dass dies für die Vertragsdurchführung erforderlich ist.

Der zuständige 6. Zivilsenat des OLG hat der Klage stattgegeben. Die zwingende Forderung nach der Angabe einer E-Mail-Adresse oder Telefonnummer beim Verkauf der streitigen Online-Tickets „Sparpreis“ und „Super-Sparpreis“ sei rechtwidrig, begründete er die Entscheidung. Es liege eine Datenverarbeitung entgegen den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung vor (i. F. DSGVO).

Die Datenverarbeitung sei nicht durch eine Einwilligung der Verbraucher gerechtfertigt gewesen. Es fehle an einer freiwillig abgegebenen Einwilligung. Die Verbraucher hätten hier keine „echte oder freie Wahl“ gehabt. Vielmehr habe die Beklagte die Vertragserfüllung von der Einwilligung abhängig gemacht. Gegen die Freiwilligkeit spreche auch die gerichtsbekannte marktbeherrschende Stellung der Beklagten auf dem Markt des Eisenbahnfernverkehrs.

Die Datenverarbeitung sei auch nicht im Übrigen gerechtfertigt gewesen. Sie sei für die Vertragserfüllung selbst nicht erforderlich. „Kundinnen und Kunden möchten zu einem günstigen Preis mit der Bahn an einem bestimmten Tag von A nach B fahren“. Dafür werde der Fahrpreis gezahlt. Der Hauptgegenstand liege dagegen nicht im Generieren eines validen und zugleich digitalen Sparpreis-Tickets. Das Ticket diene dem Nachweis des Vertragsschlusses über die Beförderung und Bezahlung. Die digitale Form des Tickets erleichtere allein der Beklagten die Abwicklung der Hauptleistung und diene „vornehmlich unternehmensinternen Zwecken – etwa der Kundenbindung, Werbung oder der Kontrolle des Nutzerverhaltens“, untermauerte der Senat weiter.

Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten sei auch nicht zur Verwirklichung überwiegender berechtigter Interessen unbedingt erforderlich. Bloße Nützlichkeit oder bestmögliche Effizienz genügten dafür nicht. Nur wenn das Interesse an der Datenverarbeitung nicht in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden könne, die weniger stark in die Grundrechte eingriffen, sei von dieser Erforderlichkeit auszugehen. Daran fehle es hier. „Der Verantwortliche muss also den Prozess für den Zugang zu seinen Leistungen wählen, der mit dem geringsten Maß an personenbezogenen Daten auskommt. Daran fehlt es hier“, resümierte der Senat.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main

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